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Zwischen Arbeit, dem ersten Kaffee und Dösen

Lesedauer: 2 Minuten

Thema: Arbeitswelt

Autorin: Sabine Stoll

 

#pendeln #arbeitsweg #arbeitswelt #pendlerinnen

Wie das Onlinemagazin t3n kürzlich berichtete, pendeln zahlreiche Deutsche. Aktuelle Zahlen sprechen von rund 18 Millionen Pendler_innen in Deutschland. Die Zahlen in der Schweiz sehen ähnlich aus. Seit Januar gehöre auch ich zu den Menschen mit langem Arbeitsweg. Was machen Pendler*innen eigentlich im Zug?

In der Schweiz gibt es eine unglaublich hohe Zahl von Pendler_innen, folgt man den Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Im Jahr 2016 gab es rund 3.9 Millionen Pendler_innen hierzulande. Die deutschen Pendler_innenzahlen sind also gar nichts gegen die Eidgenossenschaft. Wer am Morgen schon einmal in die Richtung der grösseren Städte wie Bern, Zürich oder Luzern gefahren ist, kann die hohen Zahlen intuitiv bestätigen. Hektisch-belebte Bahnsteige zwischen sieben und acht gehören ebenso zum Alltag wie Platznot im Zug und voll Strassen. Gegen neun Uhr ist der Spuk dann vorbei, die Pendler_innen haben sich in der Schweiz und auf ihren Arbeitsplätzen soweit verteilt.

Arbeiten im Zug

Zahl der Schweizer Pendler*innen ab 1990 in Millionen. (Quelle: eigene Darstellung nach http://t1p.de/pendler-statistik)
Zahl der Schweizer Pendler*innen ab 1990 in Millionen. (Quelle: eigene Darstellung nach http://t1p.de/pendler-statistik)

Seit Januar gehöre auch ich als Pendlerin dazu und strecke bei der Billetkontrolle routiniert mein Generalabonnement entgegen. Die Zeit im Zug verlängert den Arbeitstag, hat auf der anderen Seite doch auch angenehme Seiten: ich sitze bequem und kann die Zeit nutzen. Oft lese ich Bücher, höre Podcasts, plane den Tag, schreibe Mails oder erledige erste Aufgaben, noch bevor ich in der Agentur angekommen bin.

 

Ich kann mich bereits auf Meetings vorbereiten, Unterlagen lesen – oder einfach nur dösen. Manchmal mache ich auch nur das, lasse die Landschaft vorüberziehen und geniesse den Blick aus dem Zugfenster, insofern es schon oder noch hell ist. Aufhänger des t3n-Artikels ist die Feststellung, dass viele Pendler_innen im Zug eben nicht nur vor sich hin dösen, sondern die Zeit bereits produktiv nutzen. Aus dem Arbeitsweg wird also Arbeitszeit. Damit verbindet sich die Forderung, den Arbeitsweg als Arbeitszeit zu bezahlen.

 

Arbeiten im Zug funktioniert vor allem dann gut, wenn die Bedingungen stimmen. Dazu zählen neben einer angenehmen Arbeitsatmosphäre auch ausreichend Steckdosen und eine gute Internetverbindung. Diese Bedingungen sind in den Schweizer Zügen nicht immer gegeben. Laut einer britischen Studie nimmt v. a. das Angebot an freiem Wlan grossen Einfluss auf das Verhalten von Berufspendler_innen. 

Flexibles und mobiles Arbeiten

Schweizer Pendler*innen in der Übersicht. Dargestellt sind Durchschnittwerte für die Schweiz. (Quelle: eigenen Darstellung, Zahlen von http://t1p.de/bfs-pendler)
Schweizer Pendler*innen in der Übersicht. Dargestellt sind Durchschnittwerte für die Schweiz. (Quelle: eigenen Darstellung, Zahlen von http://t1p.de/bfs-pendler)

Für mich persönlich ist das Arbeiten im Zug grundsätzlich eine mögliche Form von vielen. Dass die im Zug verbrachte Zeit vorm Geschäftslaptop als Arbeitszeit zählt, sollte selbstverständlich sein – auch wenn das sicher nicht immer so ist. Dank Laptops, Tablets, Internethotspots und weiteren technischen Mitteln ist es mittlerweile ja kein Problem mehr, auch ausserhalb des Büros zu arbeiten. Das können auch andere Orte sein, wie die eigenen vier Wände, ein Café oder Coworking Space. Insofern kann auch der Weg zum Meeting oder andere Leerzeiten gut zum Arbeiten genutzt werden. Hier sind Arbeitgeber_innen wie auch Arbeitnehmer_innen gefordert, je nach Situation klare Regeln bzw. Verhältnisse zu schaffen und ein zum Unternehmen passendes Verhalten zu wählen. Wer auf seiner einstündigen Zugfahrt ins Büro eine Stunde lang effizient arbeitet, sollte dies dann auch bei der Angabe von Arbeitszeiten beachten. Problematisch sind hier sicherlich noch Zeiterfassungssysteme, bei denen die persönliche Anwesenheit am Arbeitsplatz erforderlich ist. Ist eine Erfassung von unterwegs aus nicht möglich bzw. ggf. ein Nachtrag der Arbeitszeit, ist das System sowieso irgendwo aus der Zeit gefallen. 

Nicht nur zum Arbeiten

Das Zugfahren bietet sich deshalb so stark an, weil diese Zeit sowieso für die Pendler*innen besteht und insofern vielleicht eine besondere Form von mobilem Arbeiten darstellt. Als Pendler_in muss man jedenfalls für sich selbst entscheiden, ob man die Zugfahrt tatsächlich als Arbeitszeit nutzen möchte. Neben der Arbeit selbst gibt es noch zahlreiche andere Beschäftigungen, die sich auf dem längeren Hin- oder Rückweg ausführen lassen: private Korrespondenz erledigen, Einkaufszettel schreiben, Weiterbildung, Podcasts oder Hörbücher hören, ein Buch lesen... Diese Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Nicht Jede*r möchte die Zugfahrt als Arbeitszeit nutzen, insofern sollten Regelungen diesbezüglich sowieso immer individuell vereinbart werden.

 

Persönlich finde ich morgendliches Arbeiten im Zug sehr angenehm. Dafür nutze ich die Zeit auf dem Rückweg nach Hause gerne, um von der Arbeit abzuschalten und mich innerlich auf den «Freizeitmodus» einzustellen. Dazu gehören auch kleine Erledigungen, die ich vom Train Office aus bereits ausführen kann.

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