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Der blinde Fleck: Daten als Entscheidungsbasis

Lesedauer: 2 Minuten

Thema: Big Data

Autorin: Sabine Stoll

 

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Wir leben in einer Welt, in der wir unglaublich schnell und einfach Zugang zu Wissen haben. Entscheidungen können wir also ganz einfach datenbasiert treffen – oder hat die Sache einen Haken?

Eigentlich könnte alles so einfach sein: ich muss eine Entscheidung treffen. Also sehe ich mir die zu meinem Problem vorliegenden Daten an und wähle eine passende Lösung. So einfach ist es leider nicht. Denn im Grunde leben wir in einer Welt der Ungewissheit. Gerade die Datenfülle macht es uns schwerer als je zuvor, eine Entscheidung zu fällen. Denn: wir wissen heute mehr denn je über die Welt und deren Komplexität. Es ist komplizierter geworden; wir haben die Qual der Wahl.

Mathematik der Gewissheit – ein Trugschluss?

Mathematik heisst Gewissheit – oder? (Bild: Fotografiert von Jeshoots. Credits: unsplash.com)
Mathematik heisst Gewissheit – oder? (Bild: Fotografiert von Jeshoots. Credits: unsplash.com)

Trotz data-driven decision making, wie es der Unternehmensriese Alphabet ausgerufen hat, zweifeln wir bei den meisten Entscheidungen. Entscheidungen zu treffen ist schwer, gerade weil wir über so viele Daten verfügen. Vermeintlich nimmt uns eine gute Datengrundlage Entscheidungen ab. Tatsächlich aber machen auch viele verfügbare Daten die Entscheidung nicht unbedingt leichter: denn überall schwingt die Ungewissheit über die Qualität der Daten mit.

 

Schon in der Schule wird uns, wie der Psychologe Gerd Gigerenzer es ausdrückt, die «Mathematik der Gewissheit» beigebracht. Dabei spielt gerade auch im Arbeitsleben ein gesunder und bewusster Umgang mit Risiken und Ungewissenheiten eine wichtige Rollen. Zum Beispiel, wenn Projektrisiken eingeschätzt werden. Ungewissheiten können als Risikofaktoren ins Spiel gebracht werden und so dazu beitragen, die Erfolgschancen eines Projekts realistisch zu betrachten.

Zugang zu unbegrenztem Wissen

Das Internet birgt potentiell die Möglichkeit und Chance, dass wir Zugang zu praktisch unbegrenztem Wissen haben. Neben selbst generierten Daten sind die Informationsquellen im Netz schier unerschöpflich. Vom Bundesamt für Statistik über Google Trends bis Wikipedia – überall gibt es Daten, Informationen, Wissen. 

 

Allerdings: Daten alleine reichen nicht zum Wissen, sondern: man muss auch mit ihnen umgehen können. Was auch bedeutet: Daten alleine reichen nicht aus, um Entscheidungen zu treffen. Dahinter stehende Fakten, Evidenzen und statistisch-mathematische Zusammenhänge müssen klar sein, um Sachverhalte verstehen zu können.

Erst die Daten, dann die Entscheidung

Knackpunkt ist: wie nutzen wir die vielen uns zur Verfügung stehenden Daten? (Bild: Fotografiert von Kyle Glenn, Big Bend, USA. Credits: unsplash.com)
Knackpunkt ist: wie nutzen wir die vielen uns zur Verfügung stehenden Daten? (Bild: Fotografiert von Kyle Glenn, Big Bend, USA. Credits: unsplash.com)

Es geht also nicht nur darum, Daten vorliegen zu haben. Der Knackpunkt ist die Frage, wie die vielen Daten genutzt und vor allem interpretiert werden. Das führt uns zum Kern der Entscheidung. Denn: erst, wenn man die Daten be- und verarbeitet und anschliessend interpretiert, kann man tatsächlich zu einer datenbasierten Entscheidung gelangen. Immer davon ausgegangen, dass die vorliegenden Informationen überhaupt richtig ausgelegt wurden. Im Alltag finden sich viele Beispiele, wie Daten falsch oder nicht ganz richtig interpretiert werden. Das fängt beim Wetterbericht an und hört bei der falschen Interpretation von Statistiken in redaktionellen Beiträgen leider nicht auf.

 

Hinzu kommt, dass Daten in ganz unterschiedlichen Formen vorkommen: verpackt in einer Infografik, als Prognose, Wahrscheinlichkeitsaussage, Tabelle oder Statistik. Hier ist die These von Gigerenzer: wir haben zwar das Gefühl, dass wir diese Daten verstehen – tun wir aber nicht. Und selbst wenn wir uns vorliegende Daten korrekt interpretieren, ist die Datengrundlage und -quelle nicht immer transparent und klar. Heisst: es gibt in den meisten Fällen ein grosses Moment der Unsicherheit. Statt diesem nachzugehen, fühlen wir uns sicher und prüfen die vorliegenden Informationen nicht nach.

 

Wenn man davon ausgeht, dass Daten per se nur teilweise richtig interpretiert werden, bedeutet das: die vermeintliche Sicherheit, auf der unsere Entscheidungen basieren, wird zum Trugschluss. Sollten wir also datenbasierte Entscheidungen lassen und wieder dem guten alten Bauchgefühl folgen? Nicht ganz. Im Umgang mit Daten sollte man einfach immer den Unsicherheitsfaktor mitrechnen. Wenn es wirklich wichtig ist, sollte man sicher sein, die Daten und deren Aufbereitung wirklich zu verstehen. Ein paar Nachhilfestunden in Sachen Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung würden den meisten Menschen nicht schaden, findet Gigerenzer. Ich finde, dass bereits ein kritischer und reflektierter Umgang mit Daten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bedeutet.

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